Manchmal, da wundere ich mich, wie ich mein Leben eigentlich bisher auf die Kette bekommen habe. So mit meiner gänzlich fehlenden Entscheidungsfreude. Wie ich mich jemals für etwas entscheiden konnte auf meinem Lebensweg. Wie ich es überhaupt bis hierhin geschafft habe – mit Mann, Kindern, Haus und Job. Wo ich doch oftmals schon beim Bestellen eines Eises völlig überfordert bin und meine Gedanken Ping-Pong spielen. Schokolade oder Joghurt-Kirsch? Oder doch mal Erdbeer mit Sahne? Oder Stracciatella, hatte ich auch schon lange nicht mehr. Oder mal verrückt sein und ganz was Neues probieren?
Arghhh. Ich weiß es einfach nicht, ich kann mich nie entscheiden!
Was bei Eis anfängt, zieht sich durch alle Lebensbereiche durch. Neulich bekam ich von meinem Mann vorm Einkaufen eine simple Frage gestellt: Stilles Wasser oder mit Sprudel? Ich habe ungelogen 5 Sekunden gebraucht, um zu antworten. Stilles oder Sprudel? Stilles oder Sprudel? 5 Sekunden! Das ist bei solch einer simplen Frage ewig. Und wirkt, als wäre man ziemlich debil. Ich habe dann Sprudel gewählt. Nur um mich kurz darauf zu fragen, ob ich nicht doch besser stilles Wasser genommen hätte. Freak!
Manchmal, da frage ich mich, wie wir es überhaupt geschafft haben, unser Haus einzurichten. Denn bei Einrichtungsdingen ist es meist besonders schlimm und das Ausmaß meiner Entscheidungsschwäche wird erst so richtig deutlich. Schließlich gibt es hier nicht nur die Qual der Wahl aus drölftausend Möglichkeiten, sondern erstmal grundlegende Stilentscheidungen zu tätigen. Hatte ich die eine Woche noch den Plan, unser Haus wie ein englisches Cottage mit lauter Flohmarktfunden und alten Bildern einzurichten, schmeißt ein simples Bild einer Berliner Altbaubude im Midcentury-Verner-Panton-Stil plötzlich alles in meinem Hinterstübchen wieder durcheinander. Oftmals verfalle ich dann in Schockstarre und setze einfach gar nichts mehr von meinen Plänen um. Und warte auf eine Eingebung. Oder einen Sechser im Lotto, um mir fünf verschiedene Buden kaufen zu können, in denen ich all meine Stile und Unsicherheiten ausleben kann.
Es war schon immer so: Egal, was es zu entscheiden gibt – ständig bin ich hin- und hergerissen. Lass es kleine Dinge sein wie die Eissorte, das Wasser oder eine neue Lampe. Oder große Dinge wie Jobentscheidungen, eine Investition oder die Auswahl der weiterführenden Schule für unsere Tochter. Ich wäge ab, gehe Pros und Contras durch, bin unsicher, entscheide mich für etwas – um es kurz darauf wieder in Frage zu stellen. Und selbst wenn es kein Zurück mehr gibt, etwas fest entschieden ist: Die Angst, nicht die richtige Wahl getroffen zu haben, bleibt. Und das nervt! Ich hasse es, unsicher zu sein, zu zögern und zu hadern und letztendlich klauen diese Gedanken einfach nur Zeit und Leichtigkeit.
Das geht entschieden zu weit!
Darum übe ich mich seit Kurzem im Entscheiden. Im schnellen Entscheiden. Und im Aushalten von getroffenen Entscheidungen. Von wem ich mir dabei eine Charakterscheibe abschneiden kann, ist mein Mann. Der trifft seine Wahl in Rekordzeit und schaut gefühlt niemals zurück! Kein Zögern, kein Zaudern, kein in Frage stellen. Was das an Energie und Lebenszeit spart! Da bin ich oft schwer beeindruckt. Und frage mich: Wie macht er das nur?!
Also bin ich in mich gegangen: Wann fallen mir Entscheidungen leicht? Wann bin ich mit Entscheidungen zutiefst zufrieden, habe sie nicht hinterfragt oder bereut? Und bin darauf gekommen, dass es im Grunde ganz simpel ist: Ich muss auf mein Bauchgefühl hören.
Tell me, what you want.
What you really really want.
Ist es ein „YES, YES, YES!“ von ganz tief in mir drinnen, flattert es und kribbelt es und muss ich schon beim Gedanken daran grinsen, dann habe ich es bisher nie bereut. Dann konnte es Gegenargumente geben, noch und nöcher, es konnte Alternativen geben und Meinungen anderer, ich war happy mit meiner Entscheidung. Das war damals bei meiner Entscheidung nach Hamburg zu gehen so, bei dem Kauf unseres Hauses, bei meinen Lieblings-Möbelstücken, Klamotten, neuen Projekten.
Und im Gegenzug war ich nie richtig happy, wenn ich Dinge nur vom Kopf her entschieden habe: Im Restaurant aus Vernunftsgründen den Salat bestellt habe statt die fette Pasta, nach langem Suchen die Dann-ist-das-Thema-endlich-durch-Lampe genommen habe statt noch weiterzuschauen oder den Job gemacht habe, der mir von anderen reingequatscht wurde, obwohl ich es nicht wirklich gefühlt hab.
Also versuche ich mittlerweile genau hinzuhören, was mein Bauchgefühl sagt – auch wenn es manchmal sehr viel leiser ist als die ganzen Zweifel und Gegenargumente. Zu warten und geduldig zu sein, wenn das „Yes!“ eben noch nicht da ist. Und ihm zu vertrauen, wenn es sich meldet. Denn auch wenn ihm viele Kopflosigkeit vorwerfen, das Bauchgefühl ist sehr viel vernünftiger als sein Ruf. Es hat schon alle Argumente abgewogen, weiß um alle Gründe dafür und dagegen und hat sich trotzdem oder gerade deswegen entschieden.
Und wenn sich ein Bauchgefühl so gar nicht einstellen will? Ich habe mittlerweile herausgefunden, dass mir einige Dinge schlicht und einfach egal sind. Und ich genau deswegen dann keins habe. Die Restaurantauswahl für den nächsten Mädelsabend? Ist mir wirklich egal, Hauptsache wir sehen uns. Statt Mallorca mal Österreich als Urlaubsziel? Beides ist toll, darum ist es mir egal. Und so lege ich diese Entscheidungen dann in die Hände derer, denen es nicht egal ist. Und beschwer mich dafür aber auch nie über ihre Wahl. Schließlich wurde mir Zeit und Energie gespart. Eine Entscheidung weniger, die ich zu treffen habe.
Aber welches Eis nehm ich denn jetzt?!
Nur was tun, wenn eine Entscheidung sofort her muss? Und das Bauchgefühl einem partout nicht auf die Schnelle sagen will, ob es denn jetzt lieber Schoko, Joghurt-Kirsch oder Erdbeere hätte? Tja, ich weiß es doch auch nicht. Ich versuche gerade zu akzeptieren, dass ich hier wohl mein Leben lang überfordert sein werde. Und dass das vielleicht auch okay ist. Denn sagen wir mal so: Ich bin noch nie ohne Eis aus dem Laden gegangen. Und selbst eine falsche Wahl ist immer noch besser als gar kein Eis.
Manche Entscheidungen sind dann eben doch nicht entscheidend.
Beziehungsweise können – ob Eis oder sonstiges – ein anderes Mal einfach anders gemacht werden.
In diesem Sinne:
Ich wünsche euch ganz viel “YES, YES, YES!”.
Und wenig zweifeln, zaudern und hadern.
Let the Bauchgefühl rule!
Und euch immer sagen, what you really really want.
Eure Steffi
PS: Wenn ihr euch dafür entscheidet, das Herzchen zu drücken, würd ich mich riesig freuen. Und natürlich auch über Kommentare und Gedanken zum Thema.
Eins zu eins ich. Danke für den tollen Beitrag. Gerade gestern wieder die "falsche" Eissorte gewählt. 🤣 Beim hinfahren schon überlegt, dort um überlegt, dann geärgert das ich nicht das genommen hab was ich ursprünglich wollte. Danke für die neue Idee des ausprobieren!! Ich werde es definitiv testen